Entwickler und Betreiber von Geothermieanlagen in Süddeutschland gehen von einem Planungshorizont von 50 Jahren und mehr aus. Geothermieanlagen im Pariser Becken und in Italien zeigen gleichbleibende Temperaturen des geförderten Thermalwasser seit über 40 Jahren.
Das Leibniz-Institut für angewandte Geophysik (LIAG) hat im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ein regionales Reservoir-Modell des Großraums München erstellt, welches zeigt, dass keine gegenseitige Beeinflussung der Geothermieprojekte in der Münchener Region zu erwarten ist und dass eine Auskühlung auch auf lange Frist örtlich begrenzt bleibt.
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Nutzungsdauer eines Geothermieprojektes 20 Jahre weit überschreitet. Beispielsweise produziert die Heizanlage im schweizerischen Riehen seit über 25 Jahren konstant mit 66 Grad Celsius Wärme für die Versorgung der Gemeinde. Die lange Nutzungsdauer ist darauf zurückzuführen, dass die Reservoire sehr groß sind und von der Erde kontinuierlich aufgewärmt werden. Erst nach ca. 50 Jahren wird eine begrenzte Auskühlung im Produktionsbereich von wenigen Grad Celsius als möglich erachtet.
Heißes Thermalwasser wird aus den Förderbrunnen des Reservoirs gepumpt und fließt über Rohrleitungen zum Wärmetauscher. Das geförderte Thermalwasser und die Arbeitsmittel des ORC-Kraftwerks fließen jeweils in einem geschlossenen System. So ermöglicht der ORC-Kraftwerksprozess eine Stromerzeugung bei Temperaturen unter 200 Grad Celsius. Im Wärmetauscher wird das Arbeitsmittel mit der Energie des Thermalwassers bis zur Verdampfung erhitzt. Dieser Dampf treibt die Turbine an und wird anschließend mit luftgekühlten Kondensatoren wieder verflüssigt.
Im Maschinenhaus treibt die Turbine den Generator an. Dort entsteht der elektrische Strom, der über einen Transformator in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Das abgekühlte Thermalwasser wird über eine Rückführungsbohrung, die im Untergrund ca. 2 km von der Förderbohrung entfernt liegt, wieder in den Untergrund zurückgeführt und erwärmt sich aufs Neue.
Der Eigenstrombedarf setzt sich aus dem Stromverbrauch für die Tiefwasserpumpen, die Luftkühler und sonstige übertägige elektrisch betriebene Bestandteile einer Geothermieanlage zusammen. Als Faustregel gilt, dass der Eigenstrombedarf eines Geothermiekraftwerkes bei einem Viertel dessen Stromproduktion liegt. Dabei gilt, dass der Strombedarf der Tiefwasserpumpen bei durchschnittlichen Einbautiefen von 400 Metern, ca. 50 Prozent des Eigenstrombedarfs ausmacht. Das Bundesumweltministerium hat in einer Untersuchung von Geothermieanlagen im Süddeutschen Raum einen durchschnittlichen Eigenstrombedarf von sogar nur 22 Prozent festgestellt. Pauschalisierungen sind jedoch nur bedingt möglich, denn der Eigenstrombedarf ist von Anlage zu Anlage verschieden und hängt von unterschiedlichsten Faktoren ab. Je tiefer bspw. eine Tiefwasserpumpe verbaut wird, desto höher ist der Strombedarf, um eine bestimmte Menge von Thermalwasser an die Oberfläche zu befördern. Ebenso steigt der Eigenstrombedarf mit Anstieg der Durchschnittstemperaturen, bspw. im Sommer, wenn eine erhöhte Leistung der Luftkühler erforderlich ist. Je nachdem, welche individuellen Verhältnisse vorliegen, kann der Eigenstrombedarf auch bei 30 Prozent der Stromproduktion liegen.
Eine pauschale Antwort ist hierfür nicht möglich. Der Wirkungsgrad ist von vielen Faktoren wie der Fördertemperatur, der Förderrate und der Außentemperatur abhängig. Im Bayerischen Molassebecken werden Wirkungsgrade von bis zu 17 % erreicht. Der Wirkungsgrad alleine reicht jedoch nicht für die Beurteilung der Effizienz einer Anlage. Zwar liegt der Wirkungsgrad eines Geothermiekraftwerks im Vergleich zu einer Windkraftanlage bzw. Solaranlage niedriger, jedoch wird dies durch die wesentlich höhere Volllaststundenzahl im Jahr, d.h. durch den Nutzungsgrad der Anlage, deutlich ausgeglichen.
Die meisten Anlagen mit entsprechend hoher erwarteter Produktionsmenge werden von Beginn an als kombinierte Verstromungs- und Wärmeauskopplungsanlage konzipiert. Sind die Bohrungen abgeschlossen und es liegen ausreichend hohe Temperaturen und Wassermengen vor, wird ein an die Stromproduktion gekoppeltes Wärmekonzept realisiert. Hierfür werden die Abnehmerstrukturen geprüft und darauf basierend die produzierte Wärme, beispielsweise über ein Fernwämenetz, zu den umliegenden Gemeinden oder Industriegebieten transportiert.
Die für eine Geothermieanlage zulässigen Immissionsgrenzwerte sind in der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) festgelegt. Die vorgesehenen Grenzwerte müssen eigehalten werden. Dies kann durch eine Vielzahl von Maßnahmen erreicht werden, z. B. durch geräuscharme Lüfter, gekapselte Antriebe, isolierte Dampfleitungen und weitere. Während der Bau- und Bohr-Phasen kann es zu stärkerer Geräuschentwicklung kommen, welche trotz Einhaltung der Grenzwerte als störend empfunden werden kann. Um dies zu vermeiden ist es in der Praxis gängig, zusätzliche Schallschutzwände zu errichten.
Grundsätzlich ist zwischen oberflächennaher (< 400 Meter Tiefe) und tiefer Geothermie (> 400 Meter Tiefe) zu unterscheiden.
Bei den Bohrungen in Staufen handelte es sich um oberflächennahe Bohrungen (unter der Genehmigungspflicht von 100 Metern Tiefe) für Erdwärmesonden, die von einem Brunnenbau-Unternehmen durchgeführt wurden. Sie sind daher mit tiefer Geothermie, wie sie im Bayerischen Molassebecken genutzt werden soll, nicht vergleichbar. In Staufen und Umgebung tritt im Untergrund die Formation des sogenannten Gipskeupers auf. Diese enthält das Mineral Anhydrit, das bei Kontakt mit Wasser quillt, sich in Gips umwandelt und dadurch an Volumen zunimmt. Vor allem im Straßen- und Tunnelbau hat das Quellen von Anhydrit in der Vergangenheit schon zu zahlreichen Schäden in Südwestdeutschland geführt. Diese Gefährdung ist durch eine fachgerechte Ausführung der Arbeiten beherrschbar. Die Ereignisse in Staufen hätten somit vermieden werden können.
Im bayerischen Voralpenland ist der geologische Aufbau des Untergrundes durch hunderte Tiefbohrungen aus der Erdölexploration und der tiefen Geothermie innerhalb der letzten sechzig Jahre gut bekannt. Die geologische Formation des Gipskeupers oder auch andere vergleichbare Schichten kommen im Bayerischen Molassebecken nicht vor. Daher sind solche mineralogischen Reaktionen wie in Staufen grundsätzlich nicht möglich. Zudem werden Tiefbohrungen sehr detailliert geplant. Das Bergamt sowie die Wasser- und Umweltbehörden müssen jede einzelne Bohrung detailliert genehmigen. Die Bohrarbeiten für tiefe Geothermie sind ausschließlich spezialisierten Unternehmen erlaubt.
Bei professionell ausgeführten Bohrungen ist eine Gefährdung des Grundwassers nahezu ausgeschlossen. Das Grundwasser stammt fast ausschließlich aus oberflächennahen Erdschichten. Um dieses Grundwasser zu schützen, wird vor Beginn der Bohrarbeiten ein Standohr aus Stahl gesetzt und zementiert. Es reicht bis in 70 bis 80 Meter Tiefe, unterhalb des ersten Grundwasserstauhorizonts. In dem Standrohr finden die Bohrarbeiten statt. Die erste Bohrsektion wird bis an die Oberfläche im Standrohr einzementiert.
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Grundsätzlich kann der Betrieb von Geothermieanlagen, beispielsweise bei zu hohem Druck bei der Reinjektion des Thermalwassers, leichte Erdbeben auslösen. In der Regel liegen diese allerdings weit unter der Wahrnehmungs- und Schadensschwelle – man nennt dies Mikroseismizität. Bayern gilt allgemein nicht als erdbebengefährdetes Gebiet und weist nur eine geringe Grundspannung auf. Eine Studie des Umweltbundesamtes kommt zu dem Schluss, dass Seismizität mit Personen- und Sachschäden bei Bohrungen für Tiefe Geothermie auszuschließen sind. Durch strenge Auflagen bei der Genehmigung eines Projekts sowie einem großflächig aufgestellten Messnetzwerk werden dennoch hinreichende Sicherheitsmaßnahmen getroffen.
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